Die betrieblichen zentralen Verfahrensbeteiligten – der Arbeitgeber/in, der/die betroffene Beschäftigte und die Interessenvertretung haben dafür zu sorgen, dass in einem rechtlich regulierten »Suchprozess«, durch individuelle Anpassung des bisherigen Arbeitsplatzes, andernfalls durch Beschäftigung auf einem anderen geeignetem Arbeitsplatz und mit Unterstützung durch geeignete Reha-und Qualifizierungs-Maßnahmen Lösungen zur Wiederherstellung und Vermeidung zukünftiger Arbeitsunfähigkeit und damit zum Erhalt des Arbeitsplatzes ermittelt und durchgeführt werden.
Damit die Beteiligten in der Lage sind, zu beurteilen ob und wie die Ziele und Aufgaben erfüllt sind, sollte das mit der Durchführung des BEM beauftragte Integrationsteam ein BEM-Qualitätsmanagement aufbauen. Dabei ermöglicht es Evaluation mittels geeigneter Verfahren und Instrumente bestimmte Aspekte des BEM untersuchen und beurteilen zu können. Eine Evaluation kann sich sowohl auf die betrieblichen Rahmenbedingungen, die Struktur, den Prozess als auch auf das Ergebnis des BEM beziehen. Die ermittelten Ergebnisse und Empfehlungen müssen nachvollziehbar auf quantitativen Daten beruhen.
Das Produkt eines solchen Evaluationsprozesses besteht in der Rückmeldung verwertbarer Ergebnisse in der Form von Beschreibungen und Empfehlungen an die Betriebsverfassungsparteien und die BEM-Betroffenen. Wesentliche Ergebnisse sind Aussagen über die Wirksamkeit und in Bezug auf das Erreichen bzw. die Einhaltung der Vereinbarungs-, Prozess- und Qualitätsziele des BEM.
Neben seiner Qualitätssicherungsfunktion liegt die Bedeutung von Evaluation auch in seiner Steuerungsfunktion. Hier werden Informationen und Einschätzungen für die laufende Praxis bereitgestellt, um das Verfahren zu verbessern und die zukünftige BEM-Praxis zu unterstützen. Hinzu kommt ein kontinuierlicher Anpassungsbedarf, denn das Eingliederungsmanagement ist ein dynamisches Verfahren, das veränderte interne und externe Anforderungen aufnehmen und bewältigen muss. Eine systematische Evaluation liefert daher Hinweise zum erforderlichen Anpassungs- und Erweiterungsbedarf für die Organisations- und Verfahrensabläufe.
Die Betriebsvereinbarung und der Aufgabenkatalog des Integrationsteams benennen einen Qualitätssicherungs- bzw. Evaluierungsauftrag, der Grundlage für die Berichterstattung und Information über den Stand und die Entwicklung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements ist.
Die Evaluation erfolgt in dem jeweiligen Anwendungsbereich des BEM. Dies ist in der Regel ein einzelnes Unternehmen. Eine Effizienz- und Erfolgskontrolle lässt sich aber sinnvoll auch für ein Gesamt- oder ein Konzernunternehmen vornehmen.
Informationen über die Wirksamkeit und die Wirkungszusammenhänge des Eingliederungsmanagements richten sich an mehrere Zielgruppen innerhalb und außerhalb des Unternehmens:
Diese Adressaten sind aber nicht nur Nutzer der Ergebnisse, sondern beim Einsatz von qualitativen Erhebungsverfahren (z.B. Fragebogen, Interview) unmittelbar im Evaluationsprozess beteiligt. Bei der Beurteilung von Wirksamkeit und Erfolg und der Eignung der Erhebungsinstrumente selbst kommt den Beschäftigten mit BEM-Erfahrung unter allen Adressaten eine besondere Bedeutung zu.
Vorgelagerte Prozesse:
Nachgelagerter Prozesse:
Parallelprozesse:
Ziele der Auswertung des BEM-Verfahrens sind:
Die folgende Übersicht gibt eine Hilfestellung zu den einzelnen Themen der Evaluation.
Tabelle 12: Themen der Evaluation
Fallbezogene Grunddaten | Strukturqualität | Prozessqualität | Ergebnisqualität |
Zahl der Fälle (Abschlüsse / Abbrüche / Unterbrechungen) | BEM-Einführung | Kontaktaufnahme | Auswirkung der Maßnahmen auf BEM-Ziele |
Rückmeldeergebnisse | Betriebsvereinbarung: normative Vorgaben und Qualitätsanforderungen | Zeitabläufe (Verzögerung, Beschleunigung) in den Prozessphasen | Nachhaltigkeit der Maßnahmen |
Art der Langzeiterkrankungen | Team und Teamkooperation | Nutzbarkeit der Instrumente | Maßnahmenabbrüche und Folgen |
Art der Wieder-eingliederungsproblematik | Interne Kooperation | Planungsentscheidungen | Übertragbarkeit arbeitsgestalterischer/ präventiver Maßnahmen auf andere Arbeitssysteme |
Beschäftigungsbereiche der BEM-Betroffenen | Externe Kooperation | Beteiligung und Selbstbestimmung der Betroffenen (Wunsch- und Wahlrecht) | |
Zahl der Unterbrechungen | Datenschutz | Beratung durch das Integrationsteam | Sparsame Datenerhebung Integrationsteam |
Art und Häufigkeit der durchgeführte Maßnahmen | |||
Dauer der Maßnahmen | Zeitnahe Umsetzung | ||
Maßnahmenbegleitung | |||
Kosten der Maßnahmen |
Die bei der Evaluation eingesetzten Instrumente sollen eine den Zielen und Evaluationsgegenständen übereinstimmende Beurteilung und Bewertung ermöglichen. Daraus folgt, dass die Evaluationsinstrumente speziell auf die Untersuchungsgegenstände bezogen und angepasst werden müssen.
Für die Evaluierung der vielfältigen Aspekte des BEM sind die wichtigsten Evaluationsmethoden:
Tabelle 13: Übersicht über Evaluationsinstrumente
Evaluationsinstrumente | Was kann damit ermittelt und bewertet werden? |
Beschäftigtenfragebogen (Befragung) | Wirksamkeit und Qualität von Maßnahmen in den Prozessphasen des Verfahrens |
Erhebungsbogen Fallevaluation (Dokumentenanalyse) | Strukturdaten zur Ergebnisqualität von abgeschlossenen BEM-Fällen |
BEM-QuickScanAnalyse: Befragung von Personalverantwortlichen und BR zum Entwicklungsstand des BEM) | Umsetzung der festgelegten Strukturen, Ressourcenund Abläufe des BEM (Lücken im Verlauf, Erwartungen und Zielen, Optimierungsbedarfe, …) |
Die Evaluation des BEM kann als Selbstevaluation durch das Integrationsteam oder als Fremdevaluation durch externe Evaluationsexperten/innen durchgeführt werden. Eine Selbstevaluation besitzt den Vorteil der Nähe zum Untersuchungsgegenstand, ist deutlich wenig angstbesetzt vor externer Kritik und belässt die Verantwortung, aus der Selbstevaluation Maßnahmen abzuleiten und Verbesserungen einzuleiten, vollständig bei den Akteuren/innen im jeweiligen Unternehmen. Eine Selbstevaluation beinhaltet jedoch eine kritische Grenze vor allem dann, wenn das Eingliederungsteam wesentlichen Einfluss auf die Evaluationskonzeption hat, gleichzeitig über die Evaluation entscheidet und diese auch durchführt. Dadurch können – insbesondere dann wenn der Selbstrechtfertigungsdruck hoch ist – bestimmte Aspekte der BEM-Routine ungeprüft bleiben. Daher empfiehlt sich eine Begleitung/Moderation der Selbstevaluation durch außenstehende Evaluatoren(innen)/ Moderatoren(innen).
Die ausgewerteten Erfahrungen und Beobachtungen der Evaluation liefern einen differenzierten Befund der Leistungsfähigkeit des BEM-Verfahrens. Abweichungen von den ursprünglichen Zielen werden identifiziert und Umsetzungsprobleme werden aufgezeigt.
Über folgende wesentliche Frage sollte die Evaluation Aufschluss bringen:
Am Ende des Evaluationsprozesses steht als Ergebnis ein Evaluationsbericht. Der Evaluationsbericht zeigt nachvollziehbar auf,
Das folgende Beispiel gibt eine Hilfestellung bei der Erstellung des Evaluationsberichtes.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort (Redaktionsteam)
Das Evaluationsverfahren, seine Instrumente und seine Methodik sind so gestaltet, dass sie
Die Evaluationsinstrumente messen rückwirkend u.a. den Grad von Selbstbestimmung und Teilhabe, der bei der Durchführung des BEM erreicht wurde.
Evaluationen sollen so geplant und durchgeführt werden, dass die Wahlfreiheit und die Rechte der in eine Evaluation einbezogenen Personen geschützt werden.
Die Evaluationsergebnisse sollen allen Beteiligten und Betroffenen soweit wie möglich zugänglich gemacht werden. Evaluationsberichte sollen alle wesentlichen Informationen zur Verfügung stellen, leicht zu verstehen und nachvollziehbar sein.
Evaluationsvorhaben sollen so angelegt sein, dass ihre Ergebnisse in anstehende Verbesserungsprozesse einfließen. Gleichzeitig soll die Evaluation die Beteiligten und Betroffenen dazu befähigen, die Evaluationsergebnisse nachhaltig zu nutzen.
Die Interessen der im BEM betroffenen Personen bzw. Personengruppen sollen so weit wie möglich bei der Anlage der Evaluation berücksichtigt werden. Die Beschäftigten mit BEM-Erfahrungen sind als Befragte direkt im Evaluierungsprozess zu beteiligen.
Evaluationsaktivitäten im BEM können auch Teil einer qualitätsgesicherten Gleichstellungs- strategie in Unternehmen sein. Bei der Planung und Durchführung der Evaluation sollten die Unterschiedlichkeiten (Diversity) von Menschen Berücksichtigung finden, wie z.B. Alter, Herkunft, Religion, Geschlecht.
Im Einzelnen geht es um:
Die Dokumentation der Evaluationsergebnisse ist in ihrer Form frei wählbar. Es sollte stets ein Evaluationsergebnisbericht erstellt werden, der das komplette Evaluationsvorhaben darstellt. Der Evaluationsbericht ist Teil des Dokumentenbestandes des Integrationsteams.
Die Kernergebnisse und Schlussfolgerungen des Evaluationsberichts fließen in den (schriftlichen) Personal- und Sozialbericht (§ 43 Abs. 2 BetrVG) und in den Integrationsbericht (§ 83 SGB IX) ein.