Betriebliche Regelungen in Form von Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen legen einige wesentliche Verfahrensregeln fest, um das Eingliederungsmanagement auf das Erreichen des gesetzlichen Ziels auszurichten und dauerhaft die Durchführung des BEM sicherzustellen. Mit Blick auf die jeweiligen betrieblichen Besonderheiten definiert eine Betriebs- bzw. Dienstvereinbarung, wie die Organisationsstrukturen, Verfahrensabläufe und Verantwortlichkeiten im Eingliederungs-management geregelt sind.
Für die Beschäftigten macht eine Betriebsvereinbarung transparent, dass die Beschäftigungs- und Gesundheitssicherung und der Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte oberste Priorität hat. Für die Arbeit des Integrationsteams gibt die Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen präzise Handlungsaufträge, verbindliche und normkonforme Vorgehensweisen und klare Maßstäbe für die Zielerreichung formulieren.
Mit der betrieblichen Normierung des BEM-Verfahrens werden zugleich die mit dem BEM verbundenen Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 BetrVG realisiert. Als systematisches Verfahren berührt das Eingliederungsmanagement Fragen der betrieblichen Ordnung und des Verhaltens der/die Arbeitnehmer/in im Betrieb und es ist zugleich ein Instrument des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes.
Das BEM wird von überbetrieblichen Regelungen in Form von Tarifverträgen und Gesetzen flankiert, die Beschäftigung und Verdienst im Krankheitsfall sichern und die Entwicklung der Beschäftigungsfähigkeit fördern.
Betriebliche Regelungen beziehen sich unmittelbar auf den Gesamtprozess des Betrieblichen Eingliederungsmanagements und die Gestaltung der betrieblichen Umsetzungsbedingungen.
Überbetriebliche Regelungen stehen in Verbindung zu einzelnen Aufgaben und Prozessschritten des BEM.
Dieser Prozess ist ein Parallelprozess zu allen fallbezogenen und begleitenden Prozessen. Eine Betriebsvereinbarung sollte vor Beginn des BEM abgeschlossen werden.
Ein Parallelprozess von Betrieblichen Eingliederungsmanagement und Krankenrückkehrgesprächen ist grundsätzlich zu vermeiden. In Betrieben, die im Rahmen eines Fehlzeitenmanagements mit Krankenrückkehrgesprächen operieren, ist das BEM klar von den Krankenrückkehrgesprächen abzugrenzen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) qualifiziert Krankenrückkehrgespräche als eine Kontrollmaßnahme. Krankenrückkehrgespräche sind weder ein integratives Verfahren noch besit-zen sie eine gesetzliche Auftragsgrundlage. Krankenrückkehrgespräche unterliegen der Mitbe-stimmung des Betriebsrats, der eine etwaige Betriebsvereinbarung mit einer Frist von drei Monaten (§ 77 BetrVG) kündigen sollte. Bei Nichteinigung zwischen Arbeitgeber/in und Betriebsrat entscheidet spätestens die Einigungsstelle. Dort werden Krankenrückkehrgespräche keine Mehr-heit erhalten, weil das heutige Arbeitsschutz- und Rehabilitationsrecht Prävention durch BEM und andere Vorbeugungsmaßnahmen als vorrangigen Weg verlangt.
Inner- und überbetriebliche Regelungen bilden für die Arbeit des Integrationsteams und speziell des/der Fallmanagers(in) wesentliche Rahmenbedingungen für eine inhaltlich fundierte, die betrieblichen Abläufe und organisatorischen Regelungen beachtende, aufnehmende und damit nachhaltige Arbeit des Integrationsteams.
Insbesondere bei der Situationsanalyse, der Maßnahmenplanung und – umsetzung sollte das Integrationsteam und der/die Fallmanager(in) Kenntnis von unterstützenden Regelungen haben (bzgl. Entlohnung/Qualifizierung bei der Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder bei Versetzungen auf einen dem Fähigkeitsprofil des/der Betroffenen entsprechenden Arbeitsplatz), um zielgerichtet und regelkonform zu arbeiten.
Das BEM-Verfahren und die Arbeit des Integrationsteams werden durch eine Betriebsvereinbarung geregelt. Mit der Betriebsvereinbarung definieren Unternehmensleitung, Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung Mindestanforderungen zu Aufgaben, die dauerhaft im BEM zu erledigen sind: Information und Sensibilisierung, fallbezogene Beratung und Prozessbegleitung, Maßnahmengestaltung, Zusammenarbeit mit den Leistungsträgern, Datenschutz und Schweigepflicht, Qualitätssicherung. (siehe III.6.2 Dokument Musterbetriebsvereinbarung zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement)
Andere gesundheitsschützende und -fördernde Betriebsvereinbarungen und Richtlinien wirken mit der Betriebsvereinbarung zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement zusammen.
Dies können sein:
Darüber hinaus sind weitere gesetzliche (arbeits- und sozialrechtliche) Regelungen zu berücksichtigen (vgl. Abschnitt Gesetzliche Grundlagen).
Flankierend zum BEM nehmen Tarifverträge Einfluss auf die Arbeits-, Leistungs-, Entgelt- und Entwicklungsbedingungen der einzelnen Beschäftigten. Tarifverträge legen Rechtsnormen für ganze Wirtschaftszweige fest, die damit auch im Einzelbetrieb gelten, sofern das Unternehmen tarifgebunden ist oder die Tarifverträge durch das BMAS für allgemeinverbindlich erklärt worden sind.
Im Zusammenhang mit der Arbeit des BEM sind insbesondere Rahmentarifverträge mit folgenden Inhalten zu berücksichtigen:
Darüber hinaus sind die jeweiligen Lohn- und Gehaltsrahmentarifverträge zu beachten, die u.a. die Grundsätze der Arbeitsbewertung und die Zuordnung bestimmter Tätigkeiten zu Tarifgruppen sowie den einschränkungsgerechten Arbeitseinsatz und die Arbeitsplatzsicherung (für ältere Beschäftigte) regeln.
Damit die Integrationsteams zielgerichtet ihre Eingliederungsaufgaben erledigen können, müssen betriebliche Vereinbarungen die Verfahrensverpflichtungen im Rahmen des Anpassungs- und Gestaltungsspielraums der Betriebe gesetzeskonform regeln. Das Regelungswerk muss daher ausdrücklich die gesetzlich geforderten Teilhabeziele erreichen und die Selbstbestimmung und die Beteiligung der Betroffenen im Verfahren gewährleisten.
Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge besitzen eine Verteilungsfunktion, indem sie alle Arbeitnehmer/innen eines Betriebes bzw. alle Mitglieder eines tarifschließenden Gewerkschaftsverbandes nachhaltig an den Wirkungen der Rechtsnormen und Regelungen teilhaben lassen.