Das Problem ist altbekannt: Nicht selten verlieren Arbeitgeber diejenigen Mitarbeiter aus dem Blick, die wegen Erkrankung lange arbeitsunfähig waren und den Zeitraum der Entgeltfortzahlung über-schritten haben. In diesen Fällen sind Arbeitgeber dann in der Regel unvorbereitet, wenn ein Mitarbeiter, der gegebenenfalls über Monate ausgefallen war, wieder beschäftigt werden will. Ähnliches gilt für Mitarbeiter, die immer wieder zwar nur für kurze Zeit erkranken, es aber in der Summe auf erhebliche Fehlzeiten bringen. Auch dies akzeptieren viele Arbeitgeber als unabänderlich, ohne Ursachenforschung zu betreiben. Diese Probleme hat der Gesetzgeber erkannt und Arbeitgebern mit dem Betrieblichen Eingliede- rungsmanagement (BEM) in § 84 Abs. 2 SGB IX ein wichtiges Hilfsmittel an die Hand gegeben.
Das Gesetz will zweierlei erreichen:
Betroffen von dem Gesetz sind Mitarbeiter, die mehr als sechs Wochen am Stück oder – innerhalb von zwölf Monaten zusammengerechnet – sechs Wochen oder länger wegen Erkrankung arbeitsunfähig sind. Die Schmiedewerke Gröditz und Elektrostahlwerke Gröditz haben mit der Einführung des BEM-Verfahrens bereits Anfang 2010 begonnen. Ihr Haupt-Projektpartner war das Berufsforschungs- und Beratungsinstitut für interdisziplinäre Technikgestaltung aus Bochum. Ebenfalls von Anfang an beteiligt und aktiv mit einbezogen: der Betriebsrat beider Unternehmen. Vor der Einführung hatte man umfassend die Belegschaft informiert (Anschreiben, Aushänge, Flyer) und die Führungskräfte geschult. Zudem wurde ein Integrationsteam gebildet, dem insgesamt acht betriebliche Fachleute angehören, beispielsweise die Fachkraft für Arbeitssicherheit, die Schwerbehindertenvertretung und die Werksärztin. Es organisiert den Ablauf jedes BEM-Verfahrens und steht den betreffenden Mitarbeitern als Ansprechpartner bzw. Betreuer zur Verfügung.
Einmal monatlich trifft sich das Integrationsteam. Es klärt, welche Mitarbeiter die gesetzlichen Vo- raussetzungen erfüllen, koordiniert laufende Verfahren und berät Maßnahmen zur Wiedereingliederung. Jedes BEM-Verfahren folgt dabei einem fest strukturierten und vollständig dokumentierten Ablauf.
Zentraler Bestandteil ist die sogenannte Situationsanalyse. Hier wird im Gespräch mit dem jeweiligen Mitarbeiter systematisch ermittelt, ob und wenn ja welche Arbeiten es gibt, die er als besonders schwerwiegende körperliche Belastung empfindet. Dann berät das Integrationsteam darüber, ob bei- spielsweise der Arbeitsplatz umgestaltet, die Arbeitssicherheit verbessert oder die ermittelten Belastungen auf andere Art und Weise beseitigt oder abgemildert werden könnten. All dies wird eng mit den jeweiligen Betriebsleitungen abgestimmt. Sie müssen die vorgeschlagenen Maßnahmen beurteilen und letztlich – wenn machbar – auch umsetzen. Bislang wurden 40 BEM-Verfahren eröffnet. Über 50 Prozent der angeschriebenen Mitarbeiter waren an dessen Durchführung interessiert. 27 Verfahren sind bereits abgeschlossen, zahlreiche Maßnahmen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess erfolgreich umgesetzt. Diejenigen Mitarbeiter, für die bereits Maßnahmen durchgeführt wurden, haben erfreulicherweise durchweg ein positives Feed-back abgegeben. Entscheidende Faktoren für diesen Erfolg sind der vorbehaltlose Rückhalt und die Unterstützung von Geschäftsführung, Bereichsleitern und Betriebsrat. Sie alle sind davon überzeugt: Das BEM-Verfahren wird noch viel zur Gesunderhaltung der Belegschaft beitragen können.
Autor: Torben Schmidt
Auch einfache Maßnahmen bewirken viel: Nach Absenkung einer Schleifmaschine geht Mitarbeiterin Mandy Franz die tägliche Arbeit viel leichter von der Hand.
Test/Foto: Mit freundlicher Genehmigung der SWG/ESG Gröditz